Mein erster Blackout bei einem Konzert

Blackout beim Musizieren Erfahrung

 

Nichts.

 

Dein Gehirn ist so leer wie Dein Konto nach der ultimativen Shopping-Tour im Musikladen mit T.

 

Du starrst auf Deine Hände. Am liebsten möchtest Du im Erdboden versinken.

 

Doch Du bleibst tapfer. Beisst Dich durch. Und trotzdem ... es ist vergebene Liebesmüh.

 

Denn eine der schlimmsten Ängste vieler Musiker*innen brüllt sein Servus lautstark durch Dein Oberstübchen: Blackout.

 

Ja halleluja.

Der Blackout als Schreckgespenst für Musiker*innen

Hast Du Angst vorm Blackout beim Musizieren? Dann bist Du nicht alleine. Ich glaube fast, dass es sich bei ihm in diesem Kontext um eine Art Ur-Angst handelt.

 

Auf der anderen Seite gibt es die Musiker*innen, denen der Blackout nichts anzuhaben scheint. Oder zumindest die Furcht davor. Mich eingeschlossen.

 

Doch wie kam es dazu? Und was kannst Du daraus lernen?

 

Lass uns für die Antworten zurück ins Jahr 2013 reisen.

Wenn die Hexen tanzen - komm nicht aus dem Takt

2013 hielt ich endlich mein Zeugnis in Händen. Seitdem darf ich mich staatlich geprüfte Ensembleleiterin für klassisches Schlagwerk nennen.

 

Bis dahin war es jedoch ein langer und mehr als lehrreicher Weg. Denn wie bei jeder anderen Ausbildung muss vorm Knallen der Sektkorken zuerst eine Abschlussprüfung gemeistert werden.

 

So auch bei mir. Thema war: klar, Musik. Dabei musst Du wissen, dass sich eine Prüfung aus einem theoretischen und praktischen Teil zusammensetzt.

 

Praxis war in meinem Fall: Diverse Stücke vorbereiten, die ich vor einem Prüfungsgremium vorspielen sollte.

 

Um uns auf den Test einzustimmen, wurde ein Konzert anberaumt. Das ist nicht nur in diesem Kontext eine tolle Sache. Auch ich sollte auftreten.

 

Und nein, nicht mit dem Schlagzeug und auch nicht auf der Cajon. Sondern mit einem Stück auf der Marimba.

 

Es war Dance Of The Witches (von Eckhard Kopetzki) und so ähnlich sollte es auch bei mir geklungen haben:

Cooles Lied, nicht? Absolut!

 

Wobei ...

Die Minuten kurz vor dem Auftritt

Nur noch ein paar Minuten. Die Vorfreude steigt. Aber auch die Nervosität. Von einem Bein auf's andere lässt es sich gleich besser aushalten. Meinen Vormusiker*innen schenke ich jedoch nur geteilte Aufmerksamkeit. Denn bald bin ich dran.

 

Meine vier Schlägel halte ich schon in Händen. Zwei in der Rechten. Und zwei in der Linken. Ich betrachte die von roten Fäden eingefassten Köpfe. Plötzlich reißt mich Applaus aus den Gedanken.


It's stagetime - jetzt geht es für mich auf die Bühne.

 

Sie kenne ich schon von anderen Konzerten. Es ist sozusagen ein Heimspiel.

 

Durchatmen. Konzentrieren. Es wird still im Raum. Ich blicke auf die beiden Schlägelpaare, die fast die Klangplatten berühren. Noch einmal atmen ... und die Hexen bitten zum Tanz.

WTF?

Trotz optimaler Übung war ich nicht auf das vorbereitet, was folgen sollte. Blackout. Er hatte mich eiskalt erwischt.

 

So stand ich nun auf der Bühne. Total aus dem Konzept gebracht. Doch noch lange nicht verstummt. Ich improvisierte. Und ich improvisierte wie ich noch nie zuvor in meinem Musiker*innenleben improvisiert hatte.

 

Dabei war ich keinesfalls verzweifelt. Im Gegenteil: Von Schlag zu Schlag wurde ich wütender.

 

"Das darf doch einfach nicht wahr sein. Davor hat es doch noch wunderbar funktioniert. Cfix, echt jetzt. So ein scheiß."

 

Musik ist Emotion - und Rage war meine.

 

Ich weiß nicht, wie lange ich mir die Wut aus dem Bauch spielte. Ich weiß nur, dass ich irgendwann verstummte. Und ich traute mich nicht, dem Publikum ins Gesicht zu blicken.

 

Unter Applaus flüchtete ich von der Bühne. Mein Tempo: Mindestens auf Roadrunner-Niveau.

 

Ich schaute nicht nach rechts oder links. Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Jemand riss mich aus meinen wirren Gedanken.

 

Und ich wusste: Diese Person wollte ein ernstes Wörtchen mit mir reden.

Die Moral von der Geschicht: Blackout passiert, aber killt Dich nicht

Blackout Konzert

 

Es war meine Dozentin für Musiktheorie. Sie blickte mich für ihre Verhältnisse streng an. An ihren genauen Wortlaut erinnere ich mich nicht mehr.

 

Die Message jedoch blieb hängen:

 

"Manu, warum hast Du Dich nicht vor dem Publikum verbeugt? Du musst Dich doch verabschieden! Mensch, das kannst Du besser."

 

Mein erster Blackout war offensichtlich gar nicht so offensichtlich wie angenommen.

 

Und das ist eine Lektion, die ich nie vergessen werde.

 

(Darum ist mir dieses Konzert übrigens auch so lebhaft in Erinnerung geblieben.)

Blackout ist, was Du daraus machst

Ich habe ihm ins Auge geblickt. Mit ihm gerungen. Und an diesem Abend leider den Kürzeren gezogen. Doch im Rückblick bin ich dem Blackout unglaublich dankbar für seine Anwesenheit.

 

Er hat mir unmissverständlich gezeigt, dass selbst er nicht den Weltuntergang - wie oft angenommen - einläutet.

 

Ja, es ist verdammt unangenehm neben ihm auf der Bühne. Und ja, freiwillig hätte ich ihn jetzt nicht zum Konzert eingeladen.

 

Hätte er mich jedoch nicht besucht, hätte ich es vielleicht nicht verstanden:

 

Du kannst nicht ändern, was ist. Du kannst nur ändern, wie Du darauf reagierst.

 

Auch wenn Du wie eine Berserkerin übst und zwölfzig Sicherheitsnetze spannst - manchmal läuft's halt anders, als gedacht.

 

Klar könntest Du jetzt sagen: Aber Manu, das war doch nur ein kleines Konzert. Stell Dir vor, das passiert Dir vor 20.000 oder 50.000 Leuten.

 

Weißt Du, in diesem Moment ist es Dir egal, wie viele Leute Dir zuhören. Das kann auch nur ein Mensch sein. Denn jedes Ohr zählt. Und das sollte nicht nur bei einem Konzert gelten.

 

Oder was meinst Du?

 

Manu ♪

 

Übrigens: Einen Ausschnitt des Artikels zum Konzert kannst Du bei pnp.de unter Feierabendmusik: Gelungene Generalprobe vor Prüfungen nachlesen.

 

Merke: Unsere Eigen- und Fremdwahrnehmung spielt uns offensichtlich gerne einen Streich. :-)

 

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